„Es ist halt so, akzeptier das endlich!“ Wer hat das nicht schon mal gehört, von Eltern oder von entnervten Freunden? Dieser Satz ist sehr schnell gesagt, doch die Durchführung ist gar nicht so einfach.
Es fällt schwer zu akzeptieren, dass durch Unachtsamkeit eines anderen die Lieblingstasse zu Boden gefallen ist. Es fällt schwer zu akzeptieren, dass der Partyeinladung am neuen Wohnort kaum einer der Freunde folgt und man dann alleine in der Fremde sitzt. Es fällt auch schwer zu akzeptieren, dass ein Freund, ein Haustier, ein Familienmitglied plötzlich nicht mehr da oder schwer erkrankt ist.
Widerstand
Was uns an der Akzeptanz hindert, ist ein innerer Widerstand. „Wie konnte sie/er das nur tun!?“ „Warum passiert MIR das?!“ Wir wollen die Realität nicht wahrhaben und wehren uns dagegen. Dieser Widerstand, der sich oft in Unverständnis, Verärgerung, oder Schuldzuweisungen äußert, ist eigentlich nur ein Schutzmechanismus. Dahinter steckt oft die irrationale Hoffnung, dass alles sich schließlich doch noch zum Guten wenden möge. Wenn wir nur die Augen verschließen und das Unglück nicht sehen, dann ist es vielleicht auch nicht da, oder? Das Verschließen vor der Realität soll uns vor tiefgreifenden Emotionen schützen, vor Traurigkeit, Enttäuschung, Einsamkeit. Um diesen Schmerz nicht fühlen zu müssen, flüchten wir uns unbewusst schnell in nach außen gerichtete Emotionen: Ärger, Schuldzuweisung, Schimpfen. Diese Art, mit der Realität umzugehen, ist sehr ermüdend und kann sich zu einem Muster entwickeln, das uns runterzieht und uns ständig alles bekämpfen lässt. Wir leiden an der Realität des Lebens und der Menschen, und müssen doch darin und mit ihnen leben.
Akzeptanz
Es gibt einen anderen Weg, um mit Situationen oder Menschen umzugehen, die sich nicht so verhalten, wie wir es gerne hätten oder erwarten: Akzeptanz.
Akzeptanz ist die Basis der achtsamen Haltung. Sie verlangt, dass wir uns einer Situation aktiv zuwenden und erkennen, dass sie eben jetzt genau so ist, wie sie ist. Akzeptanz setzt nicht voraus, dass wir das, was ist, besonders mögen. Sie verlangt nur die Bereitschaft, die Realität anzunehmen. Solange wir dazu nicht im Stande sind, werden wir ständig versuchen, die Dinge so zu verändern, wie sie uns besser passen. Diese Distanz zwischen unserem Wunschdenken und der Realität schafft Leiden und Stress. Eigentlich ist es nicht das Leben, das uns zu schaffen machen – Unglück, Schwierigkeiten sind einfach Teil des Lebens – sondern unseren Unwillen, die Realität anzuerkennen als das, was sie ist.
Akzeptanz hat überhaupt nichts mit Resignation oder Passivität zu tun. Es ist eine zutiefst aktive Haltung zum Leben, die es uns ermöglicht, die Realität wahrzunehmen sowie die Art und Weise, wie wir damit umgehen. Es ist ein Gefühl von Offenheit, von Nicht-Hadern, von Anerkennung anstelle von Ablehnung. Es hindert uns nicht daran, eine Situation verändern oder die Welt verbessern zu wollen, wenn uns das wichtig scheint. Doch durch die Schulung des Annehmens schaffen wir einen Raum, in dem wir selbst die Entscheidungen treffen können im klaren Bewusstsein für die Realität.
Akzeptanz im Alltag
Durch Akzeptanz kann ich akzeptieren, dass die Tasse nun kaputt ist und die Traurigkeit oder Enttäuschung über die Unachtsamkeit zulassen. So kann ich akzeptieren, dass meine Freunde – aus welchen Gründen auch immer – den etwas weiteren Weg zu mir nicht bereit oder fähig sind zu fahren. Ich kann die Traurigkeit, den Schmerz, die Enttäuschung zulassen und im Körper spüren. So kann ich auch akzeptieren, dass Krankheit und Tod zum Leben dazugehören, und dass es auch mich und meine Nächsten treffen kann. Ich kann mich dazu entschließen, den Schmerz und die Angst zu fühlen, sie da sein zu lassen und sie wieder gehen zu lassen, so wie alles kommt und geht.
Je mehr wir uns erlauben, die Realität anzunehmen und damit auch alle Gefühle, die durch Ereignisse hervorgerufen werden, um so mehr können wir lernen – Schritt für Schritt, ohne uns zu überfordern –, dass wir traurig, ängstlich und einsam sein können, ohne dass die Welt untergeht. Wir dürfen weinen, trauern, den Knoten im Herzen spüren. Wir können das ganze Spektrum der menschlichen Gefühle zulassen und im Körper wahrnehmen. Das alles in dem Vertrauen, dass alles auch wieder vorübergeht (und auch erneut kommt und wieder geht); in dem Vertrauen, dass wir mit allem sein können. Daraus erwächst Resilienz, Vertrauen und eine innere Stabilität.
“Wenn es regnet, dann ist das Beste, was wir machen können, es einfach regnen zu lassen.” - Henry Wadswort Longfellow